Auswandern: Diese sechs Fragen habe ich mir gestellt

by Kathi Daniela

Eine so große Entscheidung wie die, das Heimatland zu verlassen, trifft man nicht über Nacht. Ich habe lange überlegt – was schlussendlich den Ausschlag gegeben hat? Schon der Bauch, allerdings war der Kopf diesmal an der Entscheidung maßgeblich mitbeteiligt. Ich bin kein Experte, was Auswandern betrifft und sicherlich nehme ich mir nicht raus, hier eine fertige Liste mit allen Dinge zu präsentieren, die bei einer Auswanderung zu bedenken sind. Allerdings habe ich festgestellt, dass es vor allem Kleinigkeiten sind, die genau bedacht werden wollen. Auch Selbstverständlichkeiten muss man sich manchmal nochmal vor Augen halten, weil sie sonst hintenüber fallen. Schlussendlich waren es sechs Dinge, die mir am Wichtigsten waren und den Ausschlag gegeben haben.

Diese Fragen habe ich mir vor dem Auswandern gestellt

#1 // Bekomme ich für den Job, in dem ich gut bin ein Visum?

Klingt selbstverständlich: Ich bewerb mich, ich bekomm einen Job, ich krieg ein Visum. So einfach ist es aber nicht! Visumsprozesse wurden geschaffen, um zukünftige Expats und Einwanderer auf ihr Durchhaltevermögen und ihre Ausdauer zu testen. Wie viel Druck und Nervenkitzel hältst du tatsächlich aus, bis du dein Visum in der Hand hältst? Wie viel Geld hast du in beglaubigte Kopien, beglaubigte Übersetzungen, medizinische Zeugnisse und Bearbeitungsgebühren gesteckt? Wie viel graue Haare haben dich zusätzliche Tests und Zertifikate gekostet, die erst mitten im Prozess als neue Hürde aufgetaucht sind?

Auch nicht einfach: Das richtige Visum zu finden, wenn manches Land zwei oder drei unterschiedliche zur Auswahl hat. Deshalb habe ich mich beispielsweise von Experten beraten lassen. Für Südafrika kommt beispielsweise Imcosa in Frage, dort ist auch eine Erstberatung kostenlos. Bist du bereit, diesen Hindernislauf auf dich zu nehmen?

#2 // Kann ich eine Fernbeziehung mit meiner Familie führen?

Ja klar, dass der neue Lebensmittelpunkt sich nicht mehr im nächsten Umfeld der eigenen Liebsten befinden wird, scheint logisch. Aber auch Dinge, die eigentlich logisch erscheinen, sind einem nicht immer unbedingt tatsächlich bewusst: Deine beste Freundin trennt sich und du bist nicht da. Dein Bruder heiratet und du bist nicht da. Deine Oma kommt ins Krankenhaus – und du bist nicht da. Natürlich ist die Welt kleiner geworden, Whatsapp, Line und Skype machen Distanzen kleiner und den Kontakt über Landesgrenzen einfacher. Aber trotzdem: Du. bist. nicht. da. Kannst du damit leben?

#3 // Kenne ich die Kultur und die Lebensstandards meines Ziellandes?

Auf was kannst du nicht verzichten? Seien wir mal ehrlich, es können Kleinigkeiten sein wie anständiges Brot. Jeder, der schon mal ein paar Wochen in Italien oder Frankreich im Urlaub war oder der längere Zeit in den Staaten verbracht hat, weiß wovon ich spreche – diese Sehnsucht nach einer guten, deutschen Breze, nach Vollkornbrot mit Körnern und frischer Kruste.

Es können aber auch große Dinge sein, wie die Freiheit, sich frei zu bewegen, das Sozialsystem oder die kleinen Annehmlichkeiten unseres europäischen Lebensstandards. Ich würde niemals in ein Land ziehen, ohne das Leben dort nicht zumindest erprobt zu haben. Und dann heißt es aufwiegen: Worauf kann ich überhaupt nicht verzichten und ohne was kann ich leben? Komme ich da zu einem Kompromiss?

#4 // Kann ich mir das Leben an meinem Zielort leisten?

Erster Gedanke: Afrika? Billig! Ja, stimmt prinzipiell. Dass die Mietpreise allerdings fast den deutschen entsprechen, hatte ich zum Beispiel nicht bedacht. Auch nicht, dass ich mich dort besser privat versichern sollte statt staatlich. Also vornweg: Ohne Budgetplan läuft nix! Denn eine Sache ist beim Auswandern relativ sicher: Das Gehalt im Ausland ist selten höher als in Deutschland. Und Auswandern kostet nicht wenig (siehe Punkt Visum).

Die Lebenshaltungskosten sind dafür häufig niedriger, fragt sich allerdings wie viel. Must Do: Ein Budgetplan. Und zwar ein ungeschminkter, ohne geschönte Ausgaben, »Wird schon nicht so viel sein« oder »Das sehe ich dann vor Ort«. Stimmen Gehalt und Ausgaben zumindest auf Null überein? Wenn ja, dann gut. Wenn nein: Überleg dir, ob du diesen Schritt wirklich wagen willst!

#5 // Bin ich bereit, mein Leben im Ausland ganz alleine zu gestalten?

Erwachsen sein und selbstständig sein – der Unterschied ist hier größer als gedacht. Ich habe Freundinnen, die würden sich niemals alleine in ein Flugzeug setzen. Dass sich da eine Auswanderung als nächstes großes Abenteuer vielleicht nicht unbedingt anbietet, sondern es wohl eher die Wanderung im Harz sein sollte, ist irgendwie klar.

Aber auch in anderen Situationen werden Expats alleine sein: Beim Visum beantragen, beim Mietvertrag unterschreiben, beim Auto kaufen, bei Behördengängen – und am Anfang wird es nicht allzu viele Freunde in der neuen Heimat geben. Wie selbstständig bist du, wenn es mal Probleme gibt? Kannst du einen klaren Kopf bewahren? Wie gut kommst du alleine zurecht oder auch mal mit der Hilfe von Fremden? Wie outgoing bist du? Wer sich diese Fragen nicht ehrlich beantwortet, kann beim Auswandern ganz schön böse aufwachen.

#6 // Habe ich einen Plan B, falls das Auswandern nicht klappt?

Auswandern ist ein bisschen wie Verliebtsein: die rosarote Brille sitzt und alles wird klasse werden! Ans Schluss machen denkt da keiner! Aber wie auch beim Verliebtsein kann es schneller zu Ende sein, als man sich wünschen würde. Und dann? Ist ein Plan B unabdingbar. Selbst die Besten machen mal einen Fehler, treffen eine Entscheidung, die so nicht klappt, wie sie gedacht war oder stellen fest, dass der große Traum eben doch nicht mehr war als das.

Das ist nicht schlimm und kann passieren. Eine Lebenserfahrung war es auf jeden Fall – und noch eine Wohnung, einen Job und gute Freunde daheim in petto zu haben und einen Plan B im Hinterkopf ist dann genau das richtige Auffangnetz – und hat nix mit Scheitern zu tun, sondern lediglich mit Realismus.

Diese Beiträge könnten dich auch interessieren