
Ich sitze im Flixbus, irgendwo im Länderdreieck Deutschland, Österreich, Schweiz springt der Telefonanbieter auf meinem Handy seit 10 Minuten panisch hin und her. Ganz genauso, wie seit einem Jahr meine Zufriedenheit hin und her springt. Meine Zufriedenheit darüber, wieder in Deutschland zu leben.
Ich zahle wieder GEZ und meine Krankenkasse schickt mir Briefe für Zusatzkrankenversicherungen, die ich ohnehin nie buchen werde, weil sie dann nicht greifen, wenn ich sie mal bräuchte.
Zurück zu kommen nach Deutschland hat sich am Anfang irgendwie nach Versagen angefühlt. Das spannende Leben wieder gegen den Tatort um 20.15 Uhr und die schnelle Einkaufsrunde am Samstag kurz vor acht einzutauschen. Das Abenteuer schon vorbei, die Koffer ausgepackt, das digitale Office wieder an einen realen Schreibtisch verlegt. Ich wollte es noch nicht aufgeben, dieses Expat-Leben, dieses Abenteuer Auswandern.
Ja, ich bin mir sehr wohl der Bubble bewusst, in der man als Expat oft lebt – und was für einen Vorteil ich damit genieße, eben ein Expat zu sein. Ich mag das Wort privilegiert nicht, ich habe hart für das gearbeitet, was ich erlebt habe, ich habe mich durchgekämpft. Aber ich weiß, dass ich es nur erleben durfte, weil ich einfach einen Vorteil haben gegenüber vieler anderer Menschen. Ich bin freiwillig gegangen, mit meiner guten Ausbildung und meinem guten Pass. Mir ist dieses Privileg durchaus bewusst. Und dennoch fühlte sich die Rückkehr wie ein Scheitern an.
Ich bin der Enge der Heimatstadt entflohen, dorthin wo ich freier atmen kann, mich freier fühlen kann. Dort, wo ich mich ein stückweit selbst neu erfunden habe, um mich dadurch dann selbst zu finden. Selbst zu finden in einem Leben, in dem es keinen richtigen Alltag gibt, weil man noch nicht lang genug an einem Ort ist, als dass er langweilige Gewohnheit geworden wäre. Die Freundschafen, international, frisch, neu. Sich kennen lernen, lieben lernen. Neue Freunde kennen lernen, das hat was von daten. Ein bisschen Aufregung, Nervosität und diese Freude, wenn man einfach klickt und sich dann irgendwann regelmäßig zu Coffee Dates trifft.
Ich habe alte Freundschaften, die sind mir unglaublich wertvoll, die werden mir immer wertvoll sein. Aber ich habe auch neue Freundschaften geschlossen, die einen festen Platz haben in meinem Leben, meinem Herzen. Menschen, für die ich immer gerne durch ganz Europa gondeln werde, die ich nicht oft sehe, aber dafür tiefer. Die mich in keine Schublade stecken, mich nicht verbinden mit dem Mädchen das 10, 15, 18 Jahre alt war, sondern dieser Person, die auf Englisch viel mehr gerade heraus spricht, die gelernt hat, auf Menschen zuzugehen, die sich nicht mehr versteckt.

Das Berufsleben, das ist keine Schule, ist keine Uni, in der man sich jeden Tag sieht. Wenn du zu lang hinterm Berg hältst mit dem, was du bist, wofür du stehst – dann stehst du am Ende ohne jemanden da.
Sich öffnen, ja sagen, überraschen lassen – ich habe oft das Gefühl, das geht in einer internationalen Community leichter, wo alle auf der Suche sind nach Anschluss. Das war in keiner Stadt einfacher als Kapstadt, in der fast jeder von anderswo kommt, kreativ ist, sich sucht und sein Leben neugestalten will.
Und jetzt wieder Deutschland….
Die Regale im Supermarkt keine Überraschung, die Bürokratie so nervig wie immer, Menschen die auf Smartphones starren. Habe ich sie nur in meiner Blase nicht gesehen? Gab es sie genauso in Südafrika, in Tschechien? Es nervt mich so, wie kaum einer Danke sagt, wie das Miteinander lieblos ist.
Zurückzukommen fühlt sich wie Versagen an. Als wäre alles nur ein wilder Traum gewesen – und ich wieder da, wo ich angefangen habe. Vielleicht war aber auch das meine Angst beim Zurückkommen.
Zurück zu kriechen in diese viel zu klein gewordenen Schublade meines deutschen Lebens. Ohne zu realisieren, dass sie eigentlich schon längst gar nicht mehr da ist – denn der einzige, der sie noch aufgezogen hat, war ich selbst.