Kapstadt, ich bin noch immer nicht über dich hinweg!

by Kathi Daniela
You were
my first love …

Kapstadt, ich bin noch nicht über dich hinweg. Ich wollte es mir das ganze letzte Jahr selbst nicht eingestehen. Ich wollte über meinen Liebeskummer drüber weg wachsen. Ihn einfach vergessen.

Immerhin weiß ich ja: Die schmerzhaften Erinnerungen werden mit der Zeit immer verwaschener. Und ich wollte auch die Erinnerungen an dich einfach verschwimmen lassen. Meine Facebook-Memories wegklicken. Über Fotos von dir in meinem Instagram-Feed einfach hinweg scrollen. Und selbst wenn ich mal an einem besonders schönen Schnappschuss von dir hängen bleibe einfach nur kurz ein Herz dalassen und weiter wischen. Mir sagen: Das juckt mich alles gar nicht…

Doch so einfach ist es nicht.

Ich habe mir wirklich Mühe gegeben, in Europa wieder anzukommen. Zu genießen, dass die Straßenbahn bis 1.00 Uhr nachts fährt – dass überhaupt eine fährt – und ich keine Angst haben muss, wenn ich bei der Dämmerung alleine nach Hause laufe. Hier, wo ich Obazden und Brez’n habe und wo mir keiner die Autoscheibe in der Nacht einschlägt und wo es zumindest so was ähnliches gibt wie soziale Ausgeglichenheit und Gerechtigkeit.

Und trotzdem: Ich vermisse dich, Kapstadt. Jeden Tag.

Meine erstes Mal auf der Südhalbkugel, disconnected. Weit weg von Deutschland und dem Menschen, der ich dort bin. In diesem Käfig aus alten Bekanntschaften, Erwartungen und Familienzwängen.

In Kapstadt wuchs ich aus mir heraus und gleichzeitig mehr in mich hinein. Ich lernte mich besser kennen und entfernte mich von dem Menschen, der ich gewesen bin, aber der irgendwie nicht mehr so ganz zu mir passen wollte. Es ist überraschend, was ein wenig Abstand, ein wenig Sonne und dieser ganz besondere Vibe der Stadt mit einem machen kann.

Nein, Kapstadt war keine Flucht. Kein Abhauen. Keine Verdrängung. Kapstadt war notwendige Veränderung. Ankommen – bei mir selbst, vor allem.

Und aus Kapstadt wegzugehen, das war für mich so, wie mit meiner ersten großen Liebe Schluss zu machen. Dieser Highschool-Liebe, von der du damals dachtest, es würde für immer halten. Der Mensch, der dir zum ersten Mal gezeigt hast, wozu du fähig bist und der das erste Mal Schmetterlinge in deinen Bauch gezaubert hat. Und mit dem es einfach nicht Für Immer sein konnte, weil ihr irgendwann nicht mehr aneinander wachsen konntet.

Ob ich an Kapstadt nicht mehr wachsen konnte?

Das ist eine schwierige Frage. Die Sache ist die: Im Paradies zu leben, umgeben von Sonne und Strand und schönen Menschen – das kann manchmal den Fokus verrücken. Prioritäten werden geshuffelt und neu verteilt. Vielleicht nicht immer zum Besten.

Aber nur, wenn du es zulässt! Ich habe mich in Kapstadt immer Zuhause gefühlt. Vom ersten Moment, in dem ich mit meinem 30 Kilo Koffer auf südafrikanischem Boden ankam, war da eine Ruhe und Gelassenheit. Keine Angst vor meinem neuen Leben, sondern Erleichterung. Das lag nicht daran, dass auf einmal 9.800 Kilometer zwischen mir und meinem alten Leben lagen – in Kapstadt konnte ich mich fallen lassen.

Aber vielleicht wäre genau das mein Problem geworden! Vielleicht hätte ich mich mit südafrikanischer Ruhe – fast schon Trägheit – in diese neue Comfort-Zone fallen lassen… und wäre dort stecken geblieben. Vielleicht war Kapstadt für mich nicht für Immer gedacht.

Ich glaube fest daran, dass Balance im Leben wichtig ist.

Und dass manche Lebenssituationen uns auf Lange Sicht aus der Balance bringen würden, ohne, dass wir uns dessen überhaupt bewusst wären. Dass dieser Kreislauf von »Die-Balance-Verlieren« und »Die-Ruhe-Wiederfinden« ganz natürlich und wichtig für uns ist. Deshalb gibt es Phasen im Leben und deshalb folgt automatisch Veränderung auf Stillstand. Vielleicht war Kapstadt mein Stillstand. Dieses Batterien aufladen, um wieder mit mehr Energie, Kreativität und neuem Mut voranzuschreiten. Mein Yoga-Retreat – nur mit mehr Steaks und Wein.

Vielleicht sollte ich dieser Stadt nicht ewig nachweinen – so wie einem Ex-Boyfriend, dessen Facebook-Profil man täglich stalked und hofft, dass der Status noch auf Single steht. Ich habe mich gezwungen, aus Facebook-Gruppen auszutreten. Seiten mit News und Events zu entliken. Habe versucht, mich auf kalten Entzug zu setzen. Mir ganz ernst zu sagen: Es reicht, Kathi. Du kannst nicht wie Alice im Wunderland leben. Du bist hier, jetzt, in Prag. Mach die Augen auf – die Stadt ist wunderschön. Du hast sie direkt vor der Nase. Du hast so großes Glück!

Und das klappt ganz gut. Meistens. Nur manchmal. Da sehe ich ein Foto, da habe ich eine Erinnerung, da stellt mir jemand eine Frage zu meinem Leben in Südafrika und ich spüre diesen kleinen Stich und frage mich: Werde ich jemals über dich hinweg sein, Kapstadt?

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1 comment

Das war der Februar - Kathi Daniela März 9, 2018 - 9:53 am

[…] Nicht zurück nach Kapstadt – obwohl das ein kleiner Traum wäre, denn wie ich bereits erzählt habe, bin ich noch nicht über Kapstadt hinweg. […]

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