Meine Kapstadt-Kolumne habe ich gehegt und gepflegt. Prag Diaries habe ich gerade mickrige drei Stück geschrieben. Ich könnte das jetzt auf verschiedene Dinge schieben. Den Sommer beispielsweise. Aber nein, schlechte Ausrede, denn in Kapstadt ist fast das ganze Jahr über schönes Wetter. Okay nein, dann vielleicht, dass ich so viel unterwegs war. Obwohl ich in Kapstadt auch fast jedes Wochenende auf Tour gewesen bin. Bliebe noch die Arbeit (die Selbstständigkeit ist tatsächlich mehr Arbeit, als jeder feste Job es je gewesen ist) oder mein langer Sommerurlaub in Sarajevo. Aber nein, Auch das zählt eigentlich nicht als Ausrede. Denn die Wahrheit ist:
Ich mag nicht in Prag leben.
Da, jetzt ist es raus. Ich hab es gesagt und es hat fast gar nicht weh getan. Ihr werdet jetzt vielleicht missbilligend mit dem Kopf schütteln, ein ungläubiges »Tsss« auf der Zunge. Doch es ist wahr: Seit ich meine Füße auf tschechischen Boden gesetzt habe, frage ich mich, ob es an mir liegt oder an der Stadt, dass wir einfach nicht so recht warm miteinander werden. Habe ich Prag keine Chance gegeben – weil ich an Kapstadt wie an einem alten Lover gehangen bin – oder war es umgekehrt? Seit sechs Monaten versuche ich, Frieden mit meinem Leben hier zu schließen, aber so recht gelingt mir das nicht.
Da fehlt einfach das gewisse Etwas.
Ich habe ein paar Freundschaften geschlossen, ein paar nette Menschen getroffen und als ich aus China zurückgekommen bin, war ich sogar richtig froh, zurück in der Stadt zu sein. Aber es ist nur eine Stadt, es ist nicht meine Stadt. Und das ist ein ganz entscheidender Unterschied. Inzwischen habe ich auch aufgehört, nach Gründen zu suchen. Ich habe akzeptiert, dass die Anziehung einfach nicht reicht.
Die Prager Burg und der schöne Ausblick aus dem Letna-Biergarten. Die versteckten Kneipen, die im Honest Guide empfohlen werden oder die Seifeblasen auf dem Staroměstské náměstí sind einfach nicht genug, um die Märchenstadt zu meiner Stadt zu machen. Es reicht einfach nicht.
Und dann ist da diese Sache: »Die Leute wollen hier kein multikulti haben.«
Ich will niemanden in der Tschechischen Republik über einen Kamm scheren, ich habe viele sehr nette Tschechen getroffen. Aber dennoch spürt man in der Stadt einen Unmut gegen die Touristen, die die kleinen Gässchen der Altstadt schwemmen. Und einen vielleicht sogar größeren Unmut gegen die unzähligen Expats, die die Mieten in den neuen Hipsterstadtvierteln Vinohrady und Karlín in die Höhe treiben (guilty!).
Aber muss ich deshalb öffentlich in tschechischen Zeitungen lesen, dass der Mann, der voraussichtlich die Wahlen jetzt im Oktober gewinnen wird, offen zugibt keinen einzigen Flüchtling in der Tschechischen Republik haben zu wollen und Medien erklärt: »Die Leute wollen keine Mulitikulturalität hier.« In deutschen Medien bekommt man nichts davon mit, dass es längst nicht nur die AfD ist, sondern dass sich gleich Tür an Tür ein Land befindet, dass seinen Rassissmus noch viel weniger zu verstecken versucht. Und ich möchte nicht in so einem Land leben. Nicht auf Dauer.
Wir haben uns ein wenig versöhnt.
Prag und ich. Witzigerweise natürlich dann, als ich beschlossen habe, hier nicht zu bleiben. Ist es nicht immer so? Und ich hatte keine schlechte Zeit. Ich werde diese Stadt verlassen, liebe Menschen zurücklassen und noch minimalistischer, aber dafür mit so viel mehr Erinnerungen im Gepäck weiterziehen. Wohin es geht? Das wissen wir selbst noch nicht. Doch wenn es soweit ist, dann werdet ihr es erfahren. Und bis dahin bin ich vielleicht inzwischen doch weit genug für ein paar Prag-Artikel, das hat die Stadt sich schon verdient.
5 comments
Liebe Kathi,
Schade, dass dir diese Stadt nicht so gefällt, aber ich kann es nachvollziehen, zu manchen Gegenden baut man einfach eher eine Beziehung auf als zu anderen, das ist wohl ähnlich wie bei anderen Menschen…
Mir persönlich haben Brisbane und die Goldcoast gar nicht gefallen…
Bin mal gespannt auf euer nächstes Ziel…
Lg Dave von 2trvlrs.com
Ja, stimmt. Es gibt auch so Menschen, mit denen will es einfach nicht klicken. Ooooh, aber von der Gold Coast habe ich schon viel gehört. Ich wette, da bist du auch bei manchem angeeckt, wenn du gesagt hast, dass du es nicht magst 🙂
Das nächste Ziel ist vermutlich gar nicht so weit weg… auf jeden Fall nah genug, um vielleicht mal ein „Blogger-Treffen“ zu initiieren, nachdem es in der sächsischen Schweiz nicht geklappt hat 🙂
LG, Kathi
Liebe Kathi,
durch Zufall bin ich auf deinen Blog gestoßen und habe diesen Artikel gefunden.
Ich kann dich so gut verstehen was Prag angeht und auch ich frage mich was es ist, dann manche Menschen so an Prag fasziniert.
Mein Mann liebt diese Stadt, einmal im Jahr ist Pflichtprogramm und ich bete jedes Mal, dass der nächste Besuch zur Weihnachtsmarkt sein wird. 😉
Angekommen fühle ich mich dort nie, dort zu leben unvorstellbar, aber das liegt wohl auch daran, dass es so viel anders als „meine“ Städte Lissabon und Barcelona ist.
Ich wünsch dir alles Gute.
Liebe Sabrina,
hab vielen Dank für deine Nachricht! Ich bin ja froh, dass es nicht nur mir so geht 🙂
Barcelona kenne ich noch nicht, aber Lissabon ist wirklich eine wunderbare Stadt – und du hast Recht: Das Lebensgefühl ist einfach dort ein ganz anderes als hier!
Liebe Grüße,
Kathi
[…] Dass Prag nur eine Zwischenstation sein wird, das war uns irgendwie beiden klar. Mit Prag konnte ich mich irgendwie nie so richtig anfreuden. […]