Ich liebe Kapstadt. So viel sollte inzwischen jedem klar sein. Ich lebe in einem kleinen Paradies auf Erden. Trotzdem habe ich 25 Jahre meines Lebens in Deutschland verbracht. Nürnberg wird immer mein Zuhause sein. Und obwohl es einige Dinge gibt, die ich an Deutschland überhaupt nicht vermisse (das Wetter …), gibt es einige Dinge, die ich sehr vermisse (meine Freunde …). Und auch ein paar Sachen, von denen ich niemals gedacht hätte, dass sie mir fehlen würden. Aber sie tun es!
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Nieselregen
Ja, ich hätte niemals gedacht, dass ich das sagen würde. Doch ich vermisse den Regen. Hier in Kapstadt gibt es manchmal vier Jahreszeiten an einem Tag. Das ist nicht schlecht, da es beinahe keinen Tag gibt, an dem ich die Sonne nicht sehe. Aber wenn es regnet, dann richtig. Es regnet Sturzbäche und der Wind ist dabei so stark, dass ein Regenschirm nutzlos ist. Selbst mit Regenjacke bin ich innerhalb von Millisekunden bis auf die Unterwäsche durchnässt, das Wasser auf den Straßen steht knöcheltief und die Kapstädter drehen durch. Man hat das Gefühl, die ganze Stadt würde aus Zucker bestehen und wer sich draußen aufhält, wird sich innerhalb kürzester Zeit auflösen. Ich vermisse den Nieselregen, bei dem ich unter einem Regenschirm trotzdem noch gemütlich zur Arbeit laufen kann.
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Öffentliche Verkehrsmittel
Früher, da gab es in meinem Leben Busse, die fuhren von morgens um 6 Uhr bis nachts um 2 Uhr. Ich konnte mich darauf verlassen, dass sie auch wirklich dann kamen, wenn es auf dem Fahrplan stand. Jetzt habe ich MyCiti, der zwar auch recht zuverlässig dann abfährt, wenn es auf dem Fahrplan steht, aber nur bis 9 Uhr abends. Und garantiert nicht überall dorthin, wo ich eine Busverbindung bräuchte. Dafür stehe ich im Stau. So eine halbe Stunde jeden Tag. Ich will gar nicht darüber nachdenken, was für eine vergeudete Lebenszeit das ist.
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Rad fahren
Okay, wenn wir schon beim Thema Fortbewegung sind: Ich dachte nicht, dass ich das jemals sage, aber ich vermisse Radfahren. Es ist einfach die schnellste Möglichkeit, irgendwohin zu kommen. Keine Probleme mit dem Parken, keine Staus, ein Bierchen oder zwei sind auch drin. Wunderbar. Hier in Kapstadt eher schwierig. Nicht nur, weil es hier und da ziemlich steil bergauf geht. Nein, die Autofahrer hier sind auch wahnsinnig. Ihnen möchte ich nicht mal mit dem Roller in die Quere kommen, geschweige denn mit dem Fahrrad. Und was erschwerend hinzukommt: Nachts möchte ich auch nicht, dass mich jemand runter zieht, von meinem Drahtesel. Der einzige Trost: Fürs Radeln wäre es die meiste Zeit sowieso zu windig!

Etwas anderes als Wein sucht man im Supermarkt vergeblich…
Aldi
Es ist nicht so, als gäbe es hier keine coolen Sachen im Supermarkt und als würde ich Aldi brauchen. Aber manchmal überfordert mich diese Vielzahl an Auswahlmöglichkeiten bei Pick’n’Pay und Checkers. Mir recht eine Milch. Ich brauche nicht fünf Kartons, von denen ich immer noch nicht weiß, welchen ich beim letzten Mal eigentlich gekauft habe. Mir reichen auch drei verschiedene Müslis. Dreizehn überfordern mich. Und dann diese nervige Gesetzgebung, die verbietet, dass Bier im Supermarkt verkauft werden darf. Wo ist denn da die Logik, wenn ich meinen Sauvignon Blanc neben der Wursttheke finde, aber für mein Windhoek Lager in den Liquor Store rennen muss?
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Vero Moda
Ja, ja, ich weiß, Beststeller und damit auch die Marke Vero Moda sind eigentlich dänisch. Aber trotzdem: Ich vermisse meinen Lieblingsshop aus ganzem Herzen! Cotton On ist zwar ganz cool, keine Frage, aber mit Vero Moda kann es nicht mithalten. Und Mr. Price und Pick’n’Pay Clothing… na, fangen wir gar nicht erst an davon. Zara und Mango gibt es hier auch, sind aber unglaublich teuer, und ich vermisse einfach einen coolen Mittelklasse-Laden in dem ich weiß, dass ich kriegen werde, was ich will. Sorry, Woolworths, aber dieses Niveau kannst du einfach nicht erreichen …
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Marmelade
Meine Oma war früher eine begeisterte Marmeladenköchin. Inzwischen kocht sie nicht mehr ein, aber ihr Keller ist noch voll von Gläsern voller Erdbeer-, Kirsch-, Holunder-Apfel- und Pflaumenmarmelade. Die gute, dicke mit großen Fruchtstücken drin, die auf einem frischen Brot mit Frischkäse einfach fabelhaft schmeckt. Mir knurrt der Magen beim Gedanken dran. Die Südafrikaner halten leider nicht so viel von dieser Art Marmelade. Bevorzugt findet man in großen, joghurtähnlichen 500g-Bechern oder in Blechdosen neben den Erbsen und dem Mais eine Art zuckriges Gelee, das mit echter Marmelade nicht viel gemeinsam hat. Bei meinem nächsten Heimaturlaub werde ich einen Obstbaum an Marmelade futtern!

Nach Sonnenuntergang kann’s frisch werden…
Zentralheizungen
Einfach den Schalter aufdrehen und in der ganzen Wohnung wird es mollig warm? Fehlanzeige hier in Südafrika. Schlecht isoliert sind die Häuser außerdem. Da bleibt im Winter – der übrigens doch ziemlich kalt wird – nur eins: Heizdecke und Heizstrahler kaufen (und damit unglaublich viel Prepaid-Strom verbrauchen) oder mit Pullover und Jacke auf der Couch sitzen.
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High-Speed-Internet
Das waren noch Zeiten, als ich nicht 5 Minuten warten musste, bis das YouTube-Video auf meinem Handy geladen hat. Oder als ich einfach durch Instagram scrollen konnte, ohne jede Menge weißer Vierecke zu sehen. Ganz davon abgesehen, wie lange es dauert, einen Stream buffern zu lassen, um abends einen Film anzuschauen. Die beste Idee ist, das ganze Video schon morgens laden zu lassen … Man gewöhnt sich ja an alles, aber ich muss sagen: Manchmal fehlt mir schnelles Internet schon sehr!
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Käse
Es gibt hier Cheddar und Edamer. Beide haben eine leicht gummiartige Konsistenz. Beide schmecken ungefähr gleich. Zumindest für meine käseverwöhnten Geschmacksnerven. Klar, es gibt auch europäischen Käse in der Delikatessen-Theke zu kaufen. Emmentaler, dänischen Käse, Gorgonzola – doch die Preise sind so happig, dass ich dankend darauf verzichte. Und meinen Emmentaler schmerzhaft vermisse. Ganz ehrlich, ich dachte niemals, dass es soweit kommt, doch wenn mich Leute aus Europa besuchen, dann bitte ich sie, mir eine Packung Käse mitzubringen. Und den genieße ich dann pur. Ohne Butter, ohne Brot.

Es gibt unglaublich leckeres Essen hier. Aber manchmal vermisse ich einfach das, was ich schon kenne …
Philadelphia und Buko Frischkäse
Lasst uns noch eine Weile beim Essen bleiben. Denn ich frage mich: Was ist los mit dem südafrikanischen Frischkäse? Warum schmeckt er wie Pappe, egal ob ich den von Pick’n’Pay oder von Lancewood kaufe? Egal ob es Low Fat oder Full Fat ist und egal welche Geschmacksrichtung er hat? Und warum, warum, gibt es bei dem gerade schon erwähnten German Deli keinen Philadelphia zu kaufen?
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Gebäck
Last but not least: Ich bin ein Brotkind. Semmeln, Brezen, Spitzeln, ein frisches Knärzl (Brotende) – es gibt nix Besseres! Ich will nicht sagen, dass das Brot hier schlecht ist. Aber mir fehlt einfach die Vielfalt. Und mir fehlt das gute alte Schwarzbrot. Und dann gibt es natürlich auch noch die Sache mit dem Gebäck. Milktarte, Donuts Muffins gut okay, aber Nussschnecken, Nussecken, Krapfen … ich vermisse den guten alten Zuckerschock aus der Bäckereitheke.
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12 comments
Ein wirklich toller Blogpost, auch wenn ich dich unendlich dafür beneide, dass du in Kapstadt lebst! Ich habe dort 2015 6 Wochen verbracht und ich vermisse Kapstadt ziemlich. Deine Punkte sind trotzdem richtig 🙂 für Gebäck hätte ich da allerdings ne gute Adresse für dich, ein Bäcker gegenüber meiner dortigen Schule, der Schwarzbrot und andere tolle Dinge im Angebot hat! Der Laden hieß Vovo Tello und war in der Koof Street (ich glaube es gibt ihn aber auch an see Waterfront). Vielleicht findest du dort ja was 🙂
Liebe Grüße!
Vovo Trello habe ich echt noch nie gehört. Danke für den super Tipp, das wird gleich ausprobiert 🙂
Hab gerade deinen Newsletter angefordert, aber meine emailadresse falsch geschrieben … Sie lautet richtig : gismaus@gmx.net
Gruß, Gisela
Ich passe das an, Gisela. Kein Problem 🙂
LG, Kathi
Gibt es nicht mehr die Dinkel Bäckerei an der Kloofnek Road? Die fande eigentlich ganz ok 🙂
Da hast du Recht, Daniel. Dort gehe ich auch gelegentlich hin, die haben sehr leckere Brezen. Sind nur leider etwas teuer, deswegen gönne ich mir das nicht so oft 🙂
Danke für diesen Post!
Bei deinen Bildern bekommt man reinstes Fernweh aber es ist schön zu hören,
was es so tolles oder wenigstens „etwas was man vermissen kann“ im kalten, trüben Deutschland gibt.
Ich würde gerade zwar trotzdem liebend gerne mit dir tauschen aber irgendwie schätze ich mein Zuhause ein wenig mehr.
alles Liebe deine Amely Rose
Danke für das liebe Kompliment, Amely 🙂
Ja, an dem Spruch dass man erst merkt, was man hat, wenn es weg ist, ist tatsächlich etwas dran. Alles hat halt seine zwei Seiten, das ist mir erst hier so richtig bewusst geworden 🙂
Liebe Grüße,
Kathi
Einem wird echt so oft erst bewusst, was man zu schätzen weiß, wenn man es nicht mehr hat! Ein super Post und wie beeindruckend, dass du eine Auswanderung gewagt hast ! Ist auch ein Traum von mir irgendwann 🙂
Ganz liebe Grüße,
Alina von Selfboost
Hey Alina,
vielen lieben Dank für das Kompliment! 🙂
Es war viel Planung, es waren auch viele Tränen, aber es war jede Sekunde wert! In welches Land würde es dich denn ziehen?
Liebe Grüße,
Kathi
Ich lebe wegen meinem Studium seit knapp 3 Jahren in den Niederlanden und alles was ich jeden Tag will aber absolut nicht kriegen kann ist BROT 😀 Das was die Holländer hier essen geht nochnichtmal als Toast durch. Und auch sonst ist die niederländische Küche nicht ganz mein Fall 😀
In Kapstadt fand ich es unfassbar schwierig an preiswerte Duschgels etc. zu kommen und die meisten waren seltsam 😀 Ich habe mehrere Monate mit einer Gastfamilie hier gelebt und war seitdem viele Male zu Besuch. Du lebst meinen Traum dort tatsächlich zu leben! Weiterhin ganz viel Freude am schönsten Ende der Welt 🙂
Hey Franzi,
haha das kann ich voll verstehen. Bis auf diese Minipfannkuchen und den Käse hat mich die holländische Küche bei meiner Abschlussfahrt auch nicht überzeugt 😀
Und wegen der Duschgels in Kapstadt hast du Recht – alles echt total teuer. Eine zeitlang bin ich sogar auf Badezusatz umgestiegen 😀
Alles Liebe in die Niederlande,
Kathi