Südafrika ist wie kein anderes Land geeignet, den Menschen Toleranz und Verständnis für unterschiedliche Kulturen und Nationen beizubringen. Schließlich ist Südafrika ein Land mit 11 Nationalsprachen und alleine, die Regeln für Cricket und Rugby zu erlernen, dauert schon ein paar Wochen. Noch ein wenig schwerer fällt das Eingewöhnen in der Gegenwart allgegenwärtiger Barfußläufer, in der Öffentlichkeit stillenden Müttern oder Menschen ohne Schneidezähne.
Ganz zu schweigen davon, dass sich jeder Einwanderer an Begriffe wie »now-now«, »just now« oder »aweh, ma bru« gewöhnen sollte. Aber gut, nach einer Weile kann ich das südafrikanische Verständnis von Zeit zwar immer noch nicht verstehen, immerhin jedoch nachvollziehen und solange ich weiß, dass ich für die Springboks jubeln muss, sind mir die Regeln von Rugby auch ziemlich egal.
Ein paar Eigenheiten haben die Südafrikaner aber, an die ich mich einfach nicht gewöhnen kann.
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Sie können nicht vorausschauend Auto fahren
Ein südafrikanisches Überholmanöver sind ungefähr so aus: Der überholende Autofahrer beginnt zu blinken, 12 Meter bevor er überhaupt plant, ein Auto zu überholen. Er scheint jedoch nicht einschätzen zu können, ob du ihn auf die rechte Spur lässt oder nicht. Deshalb wartet er solange, bis du auf einen Meter herangekommen bist. Dann beschließt er doch noch spontan, den Überholvorgang jetzt abzuschließen, zieht wie ein hoppelnder Hase auf die rechte Spur, zwingt dich zu einer halben Vollbremsung und überholt dann mit 60 km/h. Auto fahren ist hier ein bessere Adrenalin-Kick als jede Achterbahnfahrt.
Sie bringen ihren halben Haushalt zum Picknick mit
Vor zwei Wochen war ich abends in Clifton am Strand zu einer Feuershow. Die Gruppe junger Südafrikaner neben uns kochte Nudeln auf einem Gaskocher. Sie aßen die Nudeln mit Pesto – auf normalen Tellern, mit normalem Besteck. Danach gab es Tee auf dem gleichen Gaskocher, mit Milch und Biscuits. Das ist kein Scherz. Wenn sie könnten, würden sie vermutlich ihre Playstation und die Couch dazu auch noch mit an den Strand bringen.
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Sie können sich nicht an Verabredungen halten
Okay, südafrikanische Zeit hat ihre eigenen Uhren. Und daran, dass 18.00 eher 19.30 bedeutet, habe ich mich inzwischen abgefunden. Daran, dass um 19.30 aber vielleicht nur 3 der 10 angekündigten Gäste auftauchen nicht. Kapstädter sind hier noch weniger zuverlässig als Südafrikaner im Allgemeinen. Schließlich müssen sie aus dem Opening einer hippen Gin Bar, Sunset Yoga am Strand, einer House Party in einer alten Fabrikhalle und deinem Braai die beste Möglichkeit auswählen. Und weil Entscheidungen so schwer sind und FOMO nicht nur ein dummer Spruch, sondern Realität ist, entscheiden sich die meisten Kapstädter erst in der letzten Minute für die Möglichkeit, die ihnen am besten taugt. Und du bleibst mit vier Kilo Fleisch und fünf Knoblauchbroten alleine sitzen.
Sie fahren mit dem Auto zum Strand - und bleiben darin sitzen
Ein Konzept, dass ich schon in Dänemark nicht verstanden habe: Am Strand und allen besonders schönen Aussichtspunkten finden sich Autos aufgereiht. Darin sitzen Familien, Pärchen oder Freunde. Sie hören Musik, rauchen, streiten, knutschen, essen und schauen aufs Meer. Am besten auch noch bei geschlossenen Fensterscheiben. Frische Meeresluft reicht durch die Klimaanlage und der Blick auf den Sonnenuntergang durch die Windschutzscheibe. Und dann fahren sie nach Hause und hatten einen tollen Tag am Meer.
2 comments
„FOMO“ – loving it! 😀
Klingt auf jeden Fall so, als könnte es dort ganz spaßig sein. Hier hält sich übrigens auch kaum noch jemand an Verabredungen – am schlimmsten sind die Leute, die bei Facebook Veranstaltungen immer nur „vielleicht“ ankreuzen.
LG
Haha ja, FOMO ist das neue YOLO. Aber langsam hab ich das Gefühl, zu alt dafür zu sein 😛
Oh…Und die Vielleicht-Drücker kann ich auch nicht ausstehen. Drei, vier Tage vor dem Event zumindest sollte aus Vielleicht ein Ja oder Nein geworden sein.. 😉