Um 7 Uhr morgens steigen wir in Sarajevo mit einer Horde deutscher und englischer Backpacker in den Zug nach Mostar. »Ihr müsst euch ans Fenster setzen«, erinnere ich mich an die Worte einer Freundin, die wir am vergangenen Abend getroffen haben, »Ihr werdet es sowas von nicht bereuen!«
Und während also die Backpacker ihre Beats über den Kopf ziehen, die Dreadlocks auf der Rückenlehne des Zuges platzieren und sich noch eine Runde Schönheitsschlaf gönnen, trinke ich einen großen Schluck kräftigen Espresso und bereite schon mal meine Kamera vor.
Und unsere Freundin sollte recht behalten: Auf dem Weg von Sarajevo nach Mkurzostar durchquert die Bahn die Neretva-Schlucht, ein wunderschöner Flussabschnitt in dem sich die tiefgrüne Neretva durch hohe Schluchten schlängelt. Wir fahren im Zickzack fast direkt am Fluss entlang und ich komme aus dem Staunen gar nicht mehr raus.
Knapp zwei Stunden später, und gerade einmal sechs Euro für die Zugfahrt ärmer, erreichen wir Mostar – wir steigen aus und Hitze schlägt uns ins Gesicht. Die in einem Kessel gelegene Stadt ist immer ein paar Grad heißer als der Rest des Landes.
Schwitzend schleppen wir unser Gepäck zu der kleinen Privatunterkunft, die wir für gerade mal 20 Euro pro Nacht fast direkt am Bahnhof gemietet haben. Wir gönnen uns einen kalten Drink, stellen das Gepäck ab und machen uns auf Entdeckungstour.
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Egal, ob du eine Balkan-Tour geplant hast, eine Städtereise zu einer etwas außergewöhnlicheren Destination planst oder einfach nur einen Kurztrip von Dubrovnik oder Split machen willst – Mostar ist die perfekte Wahl! Warum? Weil ich nicht viele Städte kenne, die so eine spannende, exotische Mischung an Kultur und Geschichte haben und gleichzeitig so quirlig und lebensfroh sind. Und davon einmal abgesehen gibt es noch einige andere Gründe, warum deine Städtereise nach Mostar ein ganz besonderer sein wird!
Stari Most - die geschichtsträchtigste Brücke Europas
Habt ihr schon einmal von der Red Bull Cliff Diving Challenge gehört? Jedes Jahr findet eine der Stationen in Mostar statt. Und die Teilnehmer springen von der Brücke 28 Meter in die Neretva, die zu den kältesten Flüssen Europas gehört. Das Wasser hat um die 10 Grad. Verrückt, oder?
Doch auch sonst ist die Brücke, seit 2005 UNESCO Weltkulturerbe, ein faszinierendes Zeugnis der bosnischen Geschichte. 1993 im Bosnienkrieg völlig zerstört, wurde das Wunderwerk osmanischer Baukunst aus dem 16. Jahrhundert mühsam wieder aufgebaut.
Die Restaurierungsarbeiten dauerten lange. Zum einen, weil zahlreiche Spendengelder gesammelt werden mussten, zum anderen, weil die Brücke möglichst originalgetreu nachgebaut werden sollte. Dazu wurden sogar die vor Jahrhunderten benutzen Sandsteine aus dem gleichen Steinbruch in der Türkei importiert. Seit 2004 ist die Brücke offiziell wieder eröffnet.
Somit steht die Stari Most gerade jetzt für die bosnische Vergangenheit. Sie soll laut UNESCO ein Symbol für das Zusammenleben von verschiedenen Religionen, Kulturen und Ethnien sein. Für mich war aber einfach ihre Erhabenheit faszinierend. Wie sie sich über die tiefgrüne Neretva spannt und trotz oder gerade wegen ihrer Einfachheit einfach ganz besonders elegant wirkt.
Einen tollen Blick auf die Brücke habt ihr übrigens vom Minarett der Koski Mehmed Pasha Moschee. Früher war das Betreten mit angemessener Kleidung kostenlos, heute kostet es 5 KM, also 2,50 EUR. Wir haben uns den Eintritt gespart, weil es auch anderswo sehr schöne Blicke auf die Brücke gibt. Wenn dich die Moschee aber ohnehin interessiert, lohnt es sich natürlich, den kleinen Betrag zu bezahlen.
Und noch ein kleiner Tipp am Rande: Die Brücke ist extrem rutschig, Flip Flops empfehle ich deswegen nicht unbedingt beim drüber spazieren!
Entspannen am Ufer der Neretva
Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, wie kalt die Neretva ist, wenn ich euch sage, dass die Wassertemperatur bei rund 10 Grad Celsius liegt. Saukalt quasi. Aber schon alleine deshalb solltet ihr euch einmal trauen Finger oder Füße ins kalte Wasser zu halten. Als kleine bosnische Mutprobe sozusagen.
Besonders schön ist es, sich einfach ein stilles Fleckchen am Ufer des Flusses zu suchen. Da könnt ihr den Stromschnellen fasziniert hinterher schauen, während die Farbe des Wassers von Türkis zu tiefgrün oder hellblau changiert. Ein ruhiges Plätzchen am Flussufer findet sich ohne Probleme, sobald man etwas außerhalb der Altstadt ist. Denn obwohl Mostar nahezu überschwemmt von Touristen wirkt, ist es in Wahrheit gar nicht so voll, sondern einfach nur klein.
Leider kann ich mich nicht mehr genau erinnern, wo wir zum Fluss runter gegangen sind. Aber verirrt euch ruhig in ein paar der stillen Seitengassen der Altstadt, entdeckt versteckte Hinterhöfe und genießt die Atmosphäre der Stadt. Sicher findet sich dann irgendwo einen kleinen Tampfelpfad hinunter zum Ufer.
Freundliche Menschen – und spannende Geschichten
Am Ufer der Neretva hatte ich übrigens das netteste Gespräch in Mostar – mit einem rund 50-jährigen Klempner, der mir in astreinem Deutsch erklärt hat, wie wunderbar es wäre, wenn Bosnien nur endlich Teil der EU wäre.
Bei dem ganzen Raus-aus-der-EU-Geschrei, das man momentan in den Medien so mitbekommt, fand ich es unglaublich rührend, dass er so überzeugt vom Konzept der Union war. Er hatte so große Hoffnungen in einen EU-Beitritt des kleinen Landes, weshalb ich es gar nicht übers Herz gebracht habe, ihm zu sagen, dass das bei Bosnien wohl noch dauert.
Aber auch unsere Vermieterin war eine wirkliche Frohnatur, die uns gleich ihre besten Tipps für unseren Tag in Mostar mit auf den Weg gegeben hat. Überhaupt finde ich, dass ihr eine private Zimmervermietung (sei es wirklich privat oder über eines der bekannten Portale) in Bosnien und Herzegowina auf jeden Fall nutzen solltet, denn ihr werdet ganz unglaublich liebenswerte Menschen kennen lernen.
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Ein günstiger Kurztrip – mit viel Genuss
Bosnien und Herzegowina ist einfach unschlagbar günstig. Für unser Doppelzimmer mit Balkon – nicht luxuriös, aber zentrumsnah und sauber – haben wir 20 Euro pro Nacht gezahlt, also nur 10 Euro pro Person! Das ist wirklich mal richtig billig für eine Städtereise in Europa! Ihr möchtet im gleichen Haus wohnen wie wir? Dann bucht eure Nacht im Apartment Mira hier*.
Doch nicht nur die Unterkünfte sind günstig! Unsere Fahrt von Sarajevo nach Mostar mit dem Zug hat gerade einmal 12 Mark, also 6 Euro gekostet. Ein Ausflug zur Tekija nach Blagaj von Mostar aus mit dem Bus schlägt mit 4 KM hin und zurück zu Buche.
Und dann wäre da noch das Essen! Nirgendwo habe ich bisher für umgerechnet drei Euro eine richtige Mahlzeit und ein kleines Bier dazu bekommen. Eine Mahlzeit, die auch noch schmeckt, wohlgemerkt!
Fragst du einen Bosnier aus Sarajevo, wird er dir erzählen, dass es in Mostar nichts Anständiges zu essen gibt, aber für meinen weniger verwöhnten Gaumen ist es doch pretty decent. Vor allem Fisch ist in Mostar wirklich ganz frisch zu bekommen und schmeckt ausgezeichnet.
Eine kleine Stadt mit einer großen Geschichte
Mostar ist nicht groß. Die knapp über 100.000 Einwohner große Stadt ist fußläufig innerhalb von einem Tag ganz einfach zu erkunden. Mein Tipp: Startet am besten am frühen Vormittag in der Innenstadt, wenn es noch nicht so heißt und voll ist.
Dann könnt ihr ganz ohne großen Touristenrummel die Start Most überqueren und die Souvenirs und das Handwerk im Kujundžiluk Basar bewundern, ohne euch durch Menschenmengen zu schieben. In Mostar gibt es, genauso wie in Sarajevo, wunderschöne bosnische Handarbeiten aus Kupfer. Besonders angetan haben es mir die unzähligen Ohrringe!
Danach könnt ihr zur viel weniger bekannten kleinen Brücke schlendern, die aber der großen, eleganten Stari Most in fast nichts nachsteht. Wenn ihr mich fragt, gefällt sie mir vielleicht sogar ein kleines bisschen besser, weil sie irgendwie romantischer ist und sich in die Stimmung der Stadt so wunderbar einfügt.
Kein Wunder, dass wir bei einem frühen Glas Bier im Black Dog Pub neben der Brücke gleich drei Brautpaare beim Photoshoot beobachten konnten. (Kleiner Hinweis zum Black Dog Pub: Die Aussicht ist unglaublich, es gibt dort aber nichts zu essen. Als wir dort waren, hat es außerdem wirklich unangenehm aus der Kanalisation gerochen. Vielleicht lag es aber nur an der Hitze und ist nicht immer so.)
Doch auch sonst hat Mostar unglaublich viel an alter Geschichte und osmanischer Kultur zu bieten, wie das Muslibegovica Haus, das Hammam Museum oder eine der unzähligen Moscheen.
Eine Städtereise, die bescheiden macht
War Mostar vor dem Bosnienkrieg eine unglaublich vielfältige Stadt, in der unterschiedliche Ethnien zusammen lebten, so ist es heute eine geteilte Stadt. Wer sich nur als Tourist im Stadtzentrum aufhält, wird davon vielleicht nicht viel bemerken, doch wenn man das Stadtzentrum verlässt und sich ein wenig umsiehst, stellt man fest, dass Mostar noch voller Kriegsschauplätze, verfallener Gebäude und Erinnerungen an schlimme Zeiten ist.
Heute ist die Stadt zwischen Bosniaken (der muslimischen Bevölkerung) und Kroaten (überwiegend katholisch) in einem Ost-West-Gefälle geteilt. Dass der kroatische Teil weit weniger Kriegsschäden aufweist, erkenne ich bei einem Spaziergang durch die fast schon prachtvolle, neu gepflasterte Fußgängerzone gleich. Und obwohl Minarette das Stadtbild dominieren, thront über dem Hügel der Stadt ein riesiges, weißes Kreuz, das daran erinnert, dass das Innenleben von Mostar längst nicht so friedlich ist, wie die Fassade scheint.
Wie auch in Sarajevo war ich teilweise verlegen, wusste nicht, was ich sagen sollte und konnte es nicht glauben, als wir einen der unzähligen Friedhöfe passierten und ich die Geburts- und Sterbedaten auf den weißen Grabsteinen sah. Ein Besuch in Mostar, einer Stadt, die noch voller Kriegsnarben ist, wird euch sicher nicht kalt lassen! Doch so grausam die Geschichte auch ist, ich habe überwiegend Bosnier getroffen, die die Wunden der Vergangenheit ausmerzen wollen.
Hier noch einmal die besten Sehenswürdigkeiten
auf einen Blick
- Stari Most, die alte Brücke
- Der Kujundžiluk Basar mit seinen kleinen Gässchen
- Kriva Cuprija, die kleine Brücke
- Das historische Muslibegovic Haus
- Die Koskin-Mehmed Pasha’s Moschee, mit einem tollen Blick auf die alte Brücke
- Das neue Stadtzentrum von Mostar mit dem Sniper Tower und dem Partisanen-Friedhof
Mostar ist zwar klein, aber wie du sehen kannst, ist die Stadt definitiv eine Städtereise wert! Kombiniere deinen Besuch in Mostar einfach mit einer Balkan-Rundreise oder mach einen Kurztrip daraus und besuche auch noch Balgaj und Kravice. So oder so: Du wirst dich noch lange gerne an Mostar erinnern!
Und noch ein Tipp zum Hinkommen: Eurowings hat ihre Kunden abstimmen lassen und Mostar hat im Vote& Fly gewonnen. Im Moment gibt es Eurowings-Flüge ab 40 Euro nach Bosnien und Herzegowina, im Moment nur nach Sarajevo, voraussichtlich ab Sommer 2018 aber auch nach Mostar!
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4 Kommentare
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[…] schöner Tagesausflug von Sarajevo aus ist die Stadt Mostar, das Derwischhaus in Blagaj, die Wasserfälle von Kravice oder das Künstlerdorf Počitelj. Ihr […]
[…] Mostar ist also ein Ort um Geschichte zu schnuppern, die in den 90er Jahren komplett zerbombte und erst Anfang der 2000er wieder eröffnete Stari Most zu bestaunen und ein Ort, an dem man neben Magie auch unendliche Dankbarkeit und Bescheidenheit darüber verspürt, in Deutschland einfach ganz behütet aufgewachsen zu sein. Mehr zu Mostar könnt ihr auch hier noch nachlesen. […]