Weihnachten in Bosnien und Herzegowina

von Kathi Daniela

Du planst, im Dezember und rund um Weihnachten Urlaub hier in Bosnien zu machen? Gute Wahl! Denn viele Städte des Landes haben einen ganz besonderen Zauber. Ich verrate dir die wichtigsten Weihnachtstraditionen.

It’s the most wonderful time of the year! Auch hier in Bosnien und Herzegowina – just gestern wurden in Sarajevo die Lichter und Dekorationen für die festliche Jahreszeit angebracht und die Stadt erstrahlt jetzt jeden Abend im Lichterzauber. Dabei kommt immer wieder Verwirrung auf, wenn ich Leuten von Weihnachten in Bosnien und Herzegowina erzähle: Ist es nicht ein muslimisches Land?

Das stimmt so nicht ganz – Bosnien und Herzegowina ist ein multireligiöses Land, tatsächlich geben rund 50 % der Bosnier den Islam als ihre Religion an. Die restlichen 50 % sind überwiegend Christen – katholisch oder orthodox. Das heißt: Weihnachten wird hier im Land genauso groß gefeiert und ist ein genauso wichtiger Feiertag, wie man es halt aus Westeuropa kennt. 

Aber natürlich kommt es ein wenig auf die Region an: In Sarajevo wirst du viele Weihnachtsdekorationen finden, aber echtes Weihnachtsgefühl kommt eher in Mostar oder Banja Luka auf, wo auch die Mehrheit der Einwohner das Fest feiert.

Und natürlich haben die Christen in Bosnien und Herzegowina – je nach Region und Denomination – andere Weihnachtstraditionen, als du sie vielleicht aus Deutschland kennst. Die Wichtigsten will ich dir in diesem Artikel näherbringen.

Orthodoxes Weihnachten in Bosnien und Herzegowina

Etwa 30 % der Bosnier gehören der serbisch orthodoxen Kirche an. Ihre Traditionen sind also sehr ähnlich den Weihnachtstraditionen, die du auch in Serbien finden kannst – christliche Bräuche vermischen sich mit dem slawischen Erbe der Region. 

Der wichtigste Unterschied zu den Katholiken ist vielleicht der alte julianische Kalender, nach dem die Orthodoxe Kirche die Weihnachtstage bestimmt: Der 6. Januar ist Heiligabend, der 7. Januar der erste Weihnachtstag. Das heißt, vom Beginn des Advents bis zum Ende des orthodoxen Weihnachten herrscht in Bosnien also fast zwei Monate lang festliche Stimmung – und ich lieb’s!

Der Heilige Abend

Eine Adventszeit gibt es im klassischen Sinne im orthodoxen Glauben nicht, ursprünglich gelten die vier Wochen vor dem Weihnachtsfest aber als Fastenzeit. Am Heiligabend (der Abend des 6. Januar) wird das Fasten dann mit Fischsuppe, gebratenem Fisch, Bohnen und Kartoffeln gebrochen – Fleisch, Eier und Milchprodukte werden traditionell nicht verzehrt.

Viele orthodoxe Weihnachtstraditionen sind auch heute noch verwurzelt in der slawischen Geschichte der Region und dem slawischen Naturglauben, so auch eine der wichtigsten Traditionen am Heiligen Abend: Das Fälle einer jungen Eiche.

Die Eiche (Badnjak), für die Slawen ein heiliger Baum, wird gleich am Morgen des Heiligen Abend im Wald frisch geschlagen und am Abend dann ins Haus gebracht, um dort verbrannt zu werden. Dabei wird nach alter Tradition Stroh ausgelegt, das den Stall in Bethlehem symbolisiert. Oft werden von den Eltern Süßigkeiten darin versteckt, die die Kinder dann suchen.

Wer keine Eichen fällen kann oder will, kann auch einfach frische Eichenzweige kaufen und diese verbrennen, um zu symbolisieren, wie der Stall bei Jesu Geburt warmgehalten wurde.

Der Weihnachtstag

Am 7. Januar wird geschlemmt! Suppen, Schweine- oder Lammbraten, russischen Salat, Kuchen und natürlich Sarma stehen auf dem orthodoxen Weihnachtstisch. Letzteres, Sauerkrautwickel mit Hackfleisch und Reis, sind mein absolut liebstes Winteressen, echtes Soul Food! Außerdem wird Česnica gebacken, das Weihnachtsbrot. Es wird niemals geschnitten, immer nur von allen Familienmitgliedern zerrissen und wer die darin versteckte Münzen findet, auf den warten im neuen Jahr Glück und Wohlstand.

Bist du auf ein serbisches Weihnachtsfest eingeladen, wünschst du keine frohen Weihnachten. Der passende Weihnachtsgruß ist: „Mir Božji – Hristos se rodi!“ (Friede Gottes, Christus ist geboren.) und die korrekte Antwort lautet: „Vaistinu se rodi!“ (Er ist wahrhaftig geboren.) Damit fühlst du dich nicht wohl? Srećan Božić (Frohe Weihnachten) tut es auch.

Ursprünglich wurden in orthodoxen Familien keine teuren Weihnachtsgeschenke verteilt – kleine, von Herzen kommende Geschenke oder Süßigkeiten werden aber gerne angenommen. In den vergangenen Jahren hat sich aber auch diese Tradition ein wenig verändert und an den westlichen Kommerz angepasst.

Katholisches Weihnachtsfest in Bosnien und Herzegowina 

Etwa 15-16 % der Bosnier gehören dem katholischen Glauben an und feiern Weihnachten ganz ähnlich, wie wir es in Deutschland gewöhnt sind. Trotzdem gibt es natürlich ein paar spannende Traditionen, die sich von denen, mit denen du wahrscheinlich aufgewachsen bist, unterscheiden.

Besonders spannend finde ich die zahlreichen kleinen Feste und Events, die schon während der Adventszeit stattfinden. So gibt es am 6. Dezember zum Beispiel die Tradition von Nikolaus und dem Krampus, der den unartigen Kindern Stöcke in die Stiefel steckt, mit denen die Eltern sie züchtigen sollen.

Am 4. Dezember wird außerdem traditionell das Weihnachtskorn angepflanzt, das bis zum Weihnachtsabend hoffentlich dicht, grün und hoch sprießt – denn dann wird es ein gutes, erfolgreiches neues Jahr.

Der Heilige Abend

Am 24. Dezember wird auch in Kroatien der Weihnachtsbaum gemeinsam mit der ganzen Familie festlich geschmückt, oft mit Ornamenten, die seit Jahren im Besitz der Familie sind. Unter den Weihnachtsbaum kommt oft eine kleine Grippe.

Und wie auch im orthodoxen Glauben wird Badnjak, ein Eichenholzscheit, verbrannt – es soll die ganze Nacht und den ganzen Weihnachtstag über brennen. Inzwischen hat sich, vor allem in den größeren Städten, diese Tradition ein wenig verlaufen, man findet sie überwiegend in ländlichen Regionen.

Auch die katholischen Bosnier essen kein Fleisch am Badnji Dan, dem Heiligen Abend. Kabeljau-Pastete stand früher auf dem Speiseplan, außerdem Fritule/Uštipci (frittierte Teigbällchen). Auch heute bereiten viele Familien ein Abendessen ohne Fleisch zu.

Am Abend werden die Kinder unter dem Weihnachtsbaum beschenkt, so wie wir das auch von Zuhause wahrscheinlich kennen und es wird traditionell die Mitternachtsmesse besucht, die dann den ersten Weihnachtstag einleitet.

Der Weihnachtstag

Schlemmen ist auch am katholischen Weihnachten in Bosnien-Herzegowina angesagt. Es gibt Mlinci (eine Art Lasagneplatten, aus denen mit Truthahn, Sahne und Bratensoße eine Art Auflauf gemacht wird) oder Spanferkel. Auch die Krautrouladen Sarma dürfen natürlich nicht fehlen! Kuglof ist das bekannteste Dessert, ein Hefekuchen mit Rosinen, aber es gibt zahlreiche andere köstliche Naschereien, wie Obst, Kekse und Schokolade.

Laden Freunde dich zu einem katholischen Weihnachtsfest eingeladen, wünschst du Sretan Božić (Frohe Weihnachten).

Weihnachten in Bosnien-Herzegowina: Fazit

Weihnachten ist natürlich überall auf der Welt ein Fest, das ständig im Wandel ist. Neue Traditionen kommen hinzu, alte Traditionen gehen verloren oder werden wieder auferweckt. Und am Ende feiert selbstverständlich jede Familie so, wie sie es möchte und sich am wohlsten fühlt. Bosnier, die du kennst, feiern das Weihnachtsfest vielleicht so, wie ich es beschrieben habe, vielleicht anders –– und nichts davon ist falsch oder richtig. Das schönste ist ja, einen wichtigen Festtag in einer anderen Kultur hautnah erleben zu dürfen. Egal, ob er nun den „klassischen Traditionen“ entspricht, oder nicht. In diesem Sinne: Eine festliche Weihnachtszeit!